Alle diese Fragen begleiten uns Jahr für Jahr auf den verschiedenen Wegen der Gestaltung unserer Kreuzbergwallfahrt. Ob bei der „Domwallfahrt 2020“ oder bei der „Kreuzbergwallfahrt to go 2021“: Für uns Christen kommt es ja immer wieder darauf an, das, was im eigenen Leben, in der Gesellschaft und in der Geschichte geschieht, im Blick auf die Zeichen der Zeit zu lesen, die wir im Licht des Evangeliums, also im Licht des Lebens und der Botschaft Jesu von Nazareth deuten sollen. Wir fragen uns ja deshalb im Blick auf unser Leben: Was hat dieses oder jenes Ereignis für eine Bedeutung? Warum ist etwas geschehen in meiner persönlichen Lebensgeschichte, das mein Leben so tiefgreifend verändert hat? Frohmachendes wie auch Bedrückendes. Die Geburt eines Kindes oder der Tod eines Menschen; Krankheit oder auch Schuld und Versagen und große Freude in der Gemeinschaft und der Familie. All das sollen wir lesen im Blick auf den Gott, der uns grundsätzlich liebt und annimmt in der Person Jesu Christi.
Wir wollen verstehen, was Gott uns sagen will, was Krieg und Krankheit, Versöhnung, technische Fortschritte und Naturkatastrophen mit dem Wirken Gottes zu tun haben. Lässt er uns allein? Können wir im Leiden und Sterben vieler Menschen einen Sinn erkennen? Gibt es Hoffnung und Trost?
Diese Fragen bewegen Wallfahrerinnen und Wallfahrer aus ihrem persönlichen Erleben heraus oder werden in den vielfältigen Formen der Andachten und Meditationen, Predigten und Impulsen ins Bewusstsein gehoben. 2020 war der Dom zu Würzburg jener Ort, sich den Fragen zu stellen und aus der gemeinsamen Feier des Glaubens sich für den Weg in den Alltag stärken zu lassen.
2021 konnten wir mit „to go“ ein „Mehr an Wallfahrt“ für alle Interessierten ermöglichen, die von zuhause aus die Wallfahrt mitverfolgen oder sich allein oder in kleinen Gruppen privat auf den Weg machen wollten. Dies gelang mit Hilfe von digitalen Video-Impulsen zum Herunterladen zuhause am PC oder zum Mitnehmen auf dem Smartphone. Alle Angebote stehen weiterhin über die Website der Bruderschaft auf YouTube zur Verfügung. Es war ein großer Aufwand für alle Mitwirkenden, und gerne verweise ich auf meine Dankesworte bei der Abschlussandacht im Dom. Dennoch möchte ich hier zwei Namen nennen, denen wir über die Wallfahrt hinaus viel zu danken haben: Rebecca Hornung, die von der ersten Video-Aufnahme an einem Samstag Morgen um 5.00 Uhr bis zum letzten Cut zu nächtlicher Stunde am meisten Zeit und Mühe investiert hat, um uns mit professionellen Videos eine bleibende Freude und Erinnerung an die Wallfahrt zu schenken, und Herbert Ehehalt, der mit Hilfe einer Drohne beeindruckende Landschafts- und Naturaufnahmen für die Videos gemacht hat. Darüber hinaus hat er die gesamte Vorarbeit auch in Bildern festgehalten, die diesen Rundbrief verschönern. Ganz herzlichen Dank im Namen all derer, die sich während der Wallfahrt und bis heute an den tollen Ergebnissen erfreuen!
Ein besonderes Erlebnis waren für mich persönlich die Gottesdienste, die wir an jedem Wallfahrtstag zu den vertrauten Zeiten, nicht immer aber an den gewohnten Orten präsentisch, also mit Gemeinde feiern konnten. Die Vorbereitungs und die Schlußandacht sowie die erste Messfeier zu Ehren unseres Bruderschaftsmitglieds, des seligen Pfr. Georg Häfner, hatten im Dom ihren festen Platz. Die Gottesdienste in Burkardroth, Euerdorf und auf dem Kreuzberg konnten wir bei herrlichem Wetter im Freien feiern. Dem Himmel sei Dank dafür, auch für die einzigartige Stimmung bei der Kreuzwegandacht auf dem Kreuzberg, die allen Beteiligten in besonderer Erinnerung ist, und die unser Fotograf im Bild festhalten konnte.
Unsere Wallfahrt stand unter dem Motto „...in Vertrauen und Hoffnung deine Wege gehen…“. Es ist ein kleines Zitat aus dem Hochgebet „Gott führt die Kirche“. Wir vertrauen in diesem Gebet nach der Wandlung darauf, dass Jesus unser Fürsprecher beim Vater ist, dass wir in der Teilnahme am eucharistischen Mahl in der Einheit gestärkt werden und für alle eine Quelle der Freude und der Zuversicht sein können. Gerade in der Zeit der Pandemie ist für mich die Bedeutung und die Kraft des Gebetes noch einmal stärker geworden. Es kommt ja nicht darauf an, durch unsere Vernunft erklären zu wollen, was und wie Gott denkt und handelt, sondern in eine persönliche Beziehung zu Gott einzutreten. Das Gebet will uns helfen, dass wir uns öffnen können für die liebende Gegenwart Gottes, des Vaters. In extremen Situationen sollte für einen gläubigen Menschen immer das Gebet an die erste Stelle rücken, das Gebet des Vertrauens, das Gebet der Hoffnung, das Gebet des Trostes, auch manchmal das Gebet als Schrei der Verzweiflung und der Angst. Dann öffnet sich –wenn auch manchmal sehr behutsam– der Raum des Verstehens und des Trostes.
Die Erfahrungen rund um die Corona-Pandemie machen deutlich, wie endlich und zerbrechlich unser Leben ist, wie sehr wir Geschöpfe sind, wie sehr Tod und Leid zu unserer persönlichen Lebensgeschichte und zur Geschichte der Menschheit insgesamt gehören. Die Schöpfung ist endlich und unser Leben geht auf den Tod zu. Im Gebet sagen wir Ja dazu: „Wenn unser eigener Weg zu Ende geht...“. Im Gebet nehmen wir unsere eigene Endlichkeit und Sterblichkeit an, wie schwierig es auch sein mag. Die höchste Form des Gebets ist das Ja-Wort zum eigenen Tod, das Einverstandensein mit dem Willen Gottes, was ja meine Sterblichkeit einschließt: „Dein Wille geschehe!“.
„...in Vertrauen und Hoffnung deine Wege gehen…“: Unsere Hoffnung ist, dass sich das Geheimnis Gottes zeigt und zuwendet im gekreuzigten Jesus von Nazareth. Das ist der Kern des christlichen Glaubens und der christlichen Hoffnung. Wir wissen heute noch nicht, wie sich die Kreuzberg-Wallfahrt 2022 gestalten wird. Wir hoffen aber auf eine betende Weggemeinschaft, die uns hilft, uns selbst, unsere Welt und unsere Zeit vom Evangelium her zu verstehen und so Kraft und Geduld zu erfahren für unseren konkreten Auftrag, im gemeinsamen und persönlichen Gebet füreinander einzustehen, auf der Wallfahrt oder an dem Ort, an den Gott mich gestellt hat.
Am Ende dieses Rundbriefs möchte ich uns alle auf das Ökumenische Friedensgebet 2022 hinweisen. Papst Franziskus ruft uns auf, in diesen für die Menschen in der Ukraine so schweren Zeiten für einen gerechten Frieden zu beten. Der Text liegt an vielen Stellen auf und kann auch im Internet unter: www.oekumenischesfriedensgebet.de gelesen und heruntergeladen werden.
Ein herzliches Dankeschön allen, die sich wieder um den Druck und den Versand dieses Rundbriefs kümmern. Vergelt‘s Gott auch allen, die vor Ort und online mithelfen, dass der Rundbrief alle erreicht!
Mit dem Wunsch unseres Vaters Franziskus, pace e bene, Frieden und alles Gute,
P. Maximilian M. Bauer, Präses